Zahllose Beiträge über die Zukunft der Versicherungswirtschaft sind sich einig: Es werden mehr Digitalisierung, mehr Kundenzentrierung und die Reduzierung nicht wert­schöpfender Arbeitsschritte durch höhere Automatisierung prognostiziert. Diese wachsende strategische Bedeutung spiegelt sich in den stetig wachsenden Projektbudgets für Prozessautomatisierungen und dem zunehmend prall gefüllten Automationswerkzeugkasten wider.

Ob RPA, Workflow Engine, KI, Portal/UX, Bots, Data Analytics oder Fachdatenextraktion – in fast jeder Versicherungsgesellschaft wird man all diese Werkzeuge und entsprechende Experten im Einsatz finden.

Bei der erzielten Wirkung dieser Initiativen hinkt die Branche allerdings der strategischen Ambition hinterher. Will man mit Dunkelverarbeitungsquoten jenseits der 60-70% ähnlich hohe Freiräume bei den prozessual gebundenen Personalkapazitäten erreichen, so zeigt sich in der Projektrealität ein sehr viel komplexeres Bild.

Die aktuelle Quote der Prozessautomatisierung in der Versicherungs­wirtschaft variiert je nach Unternehmen und Prozess. Einige wenige Versicherer haben punktuell einen hohen Automatisierungsgrad erreicht und setzen leistungsfähige Automationswerk­zeuge ein, um repetitive Aufgaben wie

  • Dateneingabe,
  • Policenverwaltung und
  • Schadens­regulierung

zu übernehmen.

Andere Unternehmen stecken noch in den Anfängen und konzentrieren sich auf die Automatisierung weniger komplexer Prozesse oder nur einzelner Arbeitsschritte.

Herausforderungen bei der Prozessautomatisierung

Allen Ansätzen gemein ist die Erkenntnis, dass die Prozessautomatisierung durchaus ein enormes Potenzial birgt. Die flächige Hebung aber scheitert an drei Herausforderungen:

  1. Die Menge der dunkel verarbeitbaren Vorgänge ist zu gering.
    Aus diversen Gründen werden zu viele Vorgänge in die manuelle Verarbeitung ausgesteuert.
  2. Die Entwicklungszyklen für Automationslösungen dauern zu lange.
    Bis die Lösung produktiv geht, ist sie technisch veraltet und fachlich überholt.
  3. Proprietäre Lösungen sind nicht übertragbar und skalierbar.
    Geschaffene Lösungen sind Maßanfertigungen für den angeforderten Use Case, Übertragungen auf andere Use Cases resultieren vielfach in kompletten Neuentwicklungen.

Die Versicherungswirtschaft steckt in einem Dilemma. Rasante technische Entwicklungen befeuern Überlegungen und Diskussionen zur Prozessautomatisierung von morgen, der Aufbau notwendiger Automationsfähigkeiten, -infrastruktur und -architektur bilden die Herausforderung von heute. Realisierte oder initiierte Automationslösungen sind technisch oder fachlich vielfach schon von gestern.

Zur Schließung dieser Lücke bedarf es eines detaillierten Blicks in dessen Ursachen. In einer zweiteiligen Beitragsserie beleuchten wir die häufigsten Hemmnisse für eine schnelle und wirksame Prozessautomatisierung.

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