Der Titel mag vielleicht etwas ketzerisch klingen, aber wie mein Kollege Stan Patzschke bereits in seinem Blogbeitrag angeteasert hat, bietet die Technologie ein enormes Potenzial die Prozesse der Versicherer zu verschlanken und einen hohen Automatisierungsgrad zu erzielen. Doch wie sieht es tatsächlich in der Praxis der Versicherungsbranche aus? Welche Rolle spielte die Blockchain bisher? Mit diesem Beitrag möchte ich in den Stream #blockchain #howitworks einleiten.
Versicherer haben in den letzten Jahren erkannt, dass insbesondere Smart Contracts geeignete Use Cases bieten, um sich der Technologie anzunähern. Über Smart Contracts werden Risikoinformationen der Versicherungsnehmer und die Versicherungsbedingungen auf eine Blockchain geschrieben, sodass der Schadenprozess vollständig automatisiert abläuft. Schadenmeldungen durch den Versicherungsnehmer, Prüfungen durch die Sachbearbeitung und manuelle Auszahlungsprozesse entfallen dabei vollständig. Solche aktuell (teil-)manuellen Prozesse beschäftigen tausende Mitarbeitende! Die Flugverspätungsversicherung Fizzy von AXA ist wohl eines der ersten und bekanntesten Anwendungsbei-spiele für Smart Contracts in der Branche. (Das Produkt wurde jedoch nach zwei Jahren vom Markt genommen.) Das Konzept war simpel: Der Versicherungsnehmer erfasste selbstständig lediglich wenige Risikoinformationen, wie z.B. Flugnummer und -datum und die Prämie wurde automatisiert berechnet. Durch die Anbindung an eine öffentlich zugängliche Flugverkehrsdatenbank und die klar definierten Regeln, ab welcher Verspätung welche Beträge auszuzahlen sind, ließ sich der Eintritt eines Versicherungsfalls eindeutig feststellen und die Leistung automatisiert auszahlen. Aber auch Wetterdatenbanken oder -sensoren eignen sich hervorragend, um auf gleiche Weise in Smart Contracts eingebunden zu werden. So arbeiten z.B. Etherisc und ACRE Africa an Mikroversicherungsprodukten für die Landwirtschaft, bei denen eine Auszahlung erfolgt, sobald festgelegte Wetterverhältnisse aufgezeichnet werden. Aber auch eine Anbindung von Sensoren, GPS-Daten oder zu Bordcomputern in Autos können in ähnlichen blockchainbasierten Versicherungsprodukten genutzt werden.
Aber auch abseits von Smart Contracts gibt es Use Cases, die in der Versicherungswirtschaft bereits Anwendung finden. Die Wiener Städtische nutzt die Blockchain-Technologie z.B. für die Erstellung von Versicherungszertifikaten in der Transportversicherung – bei mehreren Tausend zu erstellenden Zertifikaten jährlich spart man sich da schon ein bisschen Zeit vor dem Arbeitscomputer. Anhand der Login-Parameter kann eindeutig identifiziert werden, welche Zertifikate ausgestellt werden dürfen. Die Blockchain ermöglicht hier, dass alle Parteien ein gleiches Verständnis von bereitgestellten Informationen und deren Entstehung, Status und Existenz haben. Solche Use Cases zum Austausch von gesicherten Informationen sind aber noch in weiteren Bereichen vorstellbar. Versicherungsunternehmen agieren in einem großen Netzwerk mit verschiedensten Kollaborateuren – den Versicherungsnehmern, Maklern, Anspruchssteller im Schadenfall und Partnerfirmen, die im Schadenfall die Schadenbehebung übernehmen, um nur eine kleine Auswahl zu nennen. In solchen Prozessen werden oftmals sensible Informationen, z.B. Gesundheitsdaten, Unternehmensumsätze oder sonstige Informationen über Vermögenswerte ausgetauscht. Die Blockchain-Technologie bietet hier zudem die passenden Möglichkeiten die Daten geschützt zu verarbeiten.
Versicherer wagen sich immer mehr an den Einsatz der Technologie, aber das Potenzial ist noch lange nicht ausgeschöpft. Ich bin davon überzeugt, dass viele Möglichkeiten auch noch völlig unentdeckt sind und es sich lohnt, sich weiter mit dem Thema zu beschäftigen. Und wer weiß, vielleicht nimmt uns die Blockchain ja wirklich bald die Arbeitsplätze weg. Ich würde die Zeit jedenfalls nutzen, die ungelesenen Bücher in meinem Regal zu verschlingen und die verschiedensten Menschen und ihre Geschichten kennenzulernen. Bis dahin begegnen wir uns aber bestimmt nochmal.
Gastautorin: Tanja Kick