Digitalisierung ist eines der zurzeit am häufigsten genannten Themen in der Versicherungswirtschaft. Aber was genau ist damit eigentlich gemeint? Ganz allgemein ist darunter der gesamte Vorgang von der Datenerfassung und Aufbereitung bis zur Speicherung von analogen Informationen auf einem digitalen Speichermedium zu verstehen. Intuitiv ist nachvollziehbar, dass Prozesse mit einem hohen Automatisierungsgrad Kosten- und Zeitvorteile gegenüber manuellen Tätigkeiten bieten.

Was gestaltet sich bei der Digitalisierung von Prozessen so schwierig, dass eine manuelle Bearbeitung (vermeintlich) unumgänglich erscheint? Schließlich sollte doch fast alles, was manuell machbar ist, sich auch automatisieren lassen.

Nehmen wir zur Veranschaulichung das Beispiel der Rechnungsbearbeitung als einen Prozess, der nicht versicherungsspezifisch ist und ein gewisses Mengengerüst in jedem durchschnittlichen Unternehmen aufweist. Grundsätzlich ist dieser Prozess ungeregelt. Der Inhalt der Rechnung, die der Umsatzsteuer unterliegt, ist durch das Umsatzsteuergesetz (UStG) vorgegeben. Der Arbeitsprozess sah früher und sieht regelmäßig noch heute wie folgt aus: Der Lieferant verschickt nach erfolgter Lieferung oder Leistung seine Rechnung. Diese wird inhaltlich und sachlich auf Richtigkeit geprüft, ausgedruckt und manuell in das Rechnungserfassungssystem eingegeben. Nach dem erfolgten Zahlungsausgleich wird die Rechnung zu Dokumentationszwecken als Beleg physisch abgeheftet.

Um eine durchgängige Digitalisierung zu erreichen, wäre eine vollautomatisierte Verarbeitung der in elektronischer Form vorliegenden Rechnung optimal.

Der erste Schritt, der Rechnungsversand in elektronischer Form, wird mittlerweile schon aus Gründen der Portoersparnis praktiziert, indem die Rechnung im PDF-Format als E-Mail-Anhang dem Leistungsempfänger zugesandt wird. Eine digitale Weiterverarbeitung dergestalt, dass die in der Rechnung enthaltenen Informationen den (digitalen) Weg in das Rechnungsverarbeitungssystem finden, ist aber (noch) die Ausnahme. Regelmäßig wird der Anhang ausgedruckt, manuell eingegeben (digitalisiert) und abgeheftet (auch wenn rechtliche Bestimmungen mittlerweile die Speicherung von Rechnungen in digitalisierter Form vorschreiben, falls diese digital das Unternehmen erreicht haben).

Analysiert man den „Bruch“ in der digitalen Verarbeitung, so ist erkennbar, dass trotz der Einigkeit über die Art der übermittelten Informationen (Betrag, Währung, Rechnungsnummer, Bankverbindung, USt-ID. usw.) Uneinigkeit darüber besteht, an welcher Stelle die Informationen enthalten sind und wie eine Übergabe in die maschinelle Verarbeitung aussehen könnte. Es mangelt somit an der Vereinbarung bzw. an der Definition der Datenübermittlung, letztlich an der Definition der Datenschnittstelle. Oder um es ganz einfach zu sagen: „Man spricht nicht dieselbe Sprache“. Der Gesetzgeber hat das vorgenannte Problem erkannt und mit der „elektronischen Rechnung“ eine für alle Beteiligten vorteilhafte Lösung geschaffen, die neben der automatisierten Verarbeitung Rechtssicherheit über das Vorgehen gibt und ein einheitliches Datenformat spezifiziert (ZUGFeRD-Format). Durch das Einhalten dieser Konventionen ist eine Kommunikation durch denselben Sprachgebrauch möglich.

Kommunikation ist grundsätzlich über zwei Wege möglich: Entweder man spricht dieselbe Sprache oder man behilft sich eines Übersetzers.

Die zweite Möglichkeit, die Einbindung eines „Übersetzers“ ist ebenfalls ein interessanter Lösungsansatz. Wer kennt nicht den Werbespot, in dem ein Fahrgast auf dem Rücksitz im Taxi mit dem Handy seine Rechnung bezahlt? Falls Sie ihn nicht kennen sollten, ist hier der Youtube-Clip:

Eine App erkennt durch das Fotografieren sämtliche notwendigen Informationen der Rechnung und bereitet die Daten zur Rechnungsbegleichung auf. Der Nutzer gibt die Zahlung nach Prüfung frei.
Dieser Ablauf ließe sich gedanklich noch weiter vereinfachen: Die Rechnung müsste gar nicht mehr fotografiert werden, sondern eine als PDF vorhandene Rechnung könnte direkt in eine Bezahl-App eingelesen werden. Grundsätzlich sind hier verschiedenste Lösungsansätze denkbar, die zu einem vollständig digitalisierten Ablaufprozess führen würden.

Inwieweit sich die genannten Lösungsansätze im Versicherungsunternehmen auch in anderen Bereichen nutzen lassen, erfahren Sie in Teil 2 am 27.10.2016.

Freundliche Grüße
Christian Klein

Christian Klein ist Diplom-Kaufmann wie auch Versicherungskaufmann und arbeitet bei PPI im Bereich Consulting Versicherungen als Senior Consultant.
Seine Schwerpunkte liegen insbesondere bei Rechnungslegung, Berichtswesen und Controlling.

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