Ich liebe Algorithmen! Ja liebe Versicherer, es ist wahr. Als humanistisch-naturwissenschaftlich geprägter Mensch ist die Vorstellung, alles ließe sich in klare Ursache-Wirkung-Ketten zerlegen und somit auch in Formeln und Algorithmen zusammenfassen, äußerst beruhigend. Mit zunehmendem Fortschritt der Digitalisierung nimmt die Bedeutung von Algorithmen für unser alltägliches Leben enorm zu. Sie sind überall und beeinflussen verschiedenste Dinge: Welche Suchergebnisse uns Google präsentiert, welche Nachrichtenmitteilungen uns bei facebook angezeigt werden, ob wir kreditwürdig sind oder ob unser Versicherungsfall betrugsverdächtig ist. Diese und noch weitere Entscheidungen können schon länger durch programmierte Algorithmen oder gar von selbstlernenden Systemen getroffen werden. Die beschriebene Entwicklung ist lange noch nicht am Ende. Wenn bestimmte Bereiche noch nicht durch Algorithmen erfasst sind, dann weil die Prozesse eventuell noch zu komplex sind oder die notwendigen Daten nicht vorliegen. Doch nur weil im besten Fall alles durch Algorithmen gesteuert werden kann, heißt es nicht zwingend, dass es das auch muss. Wollen wir, dass Algorithmen, die wir nicht mehr kennen und überblicken, den Großteil unseres Alltags steuern? Vor allem, wenn wir es nicht mehr verstehen?

Eine Frage der Moral
Durch die Umstellung eines einfachen Verbs – von können zu müssen – betritt man auf einmal fremdes Terrain. Die Frage nach einem Gebot oder Verbot bestimmter Aktivitäten, zum Beispiel den Einsatz von automatisierten Entscheidungen, lässt sich nicht mehr ausschließlich durch Dimensionen wie Effizienzsteigerung oder Qualitätszuwachs beantworten, sondern muss auch ethisch betrachtet werden. Aber ist das ein Thema für uns Unternehmensberater? Sollten sich darum nicht weiterhin IT-Philosophen oder Netzaktivisten in ihren Kämmerchen kümmern, wie zum Beispiel AlgorithmWatch? Sie haben es sich zur Aufgabe gemacht, Transparenz in die Welt automatisierter Entscheidungen und Algorithmen zu bringen. Mit mehr Transparenz ließen sich bestimmte Prozesse wieder leichter nachvollziehen und Entscheidungen leichter verstehen. Aber ist es damit getan?

Aufklärung 2.0 oder unser aller Verantwortung
Eine vollkommen von automatisierten Entscheidungen durchzogene Welt wäre letztlich eine Entmündigung der Menschen, in diesem Fall auch eine selbstverschuldete Entmündigung – schließlich haben wir die Algorithmen programmiert. Geschichte wiederholt sich bekanntlich. Und so wäre es in einer Welt vollautomatisierter Entscheidungen dann Zeit für eine erneute Aufklärung, das heißt einen Ausweg aus dieser selbstverschuldeten Unmündigkeit – eine Art Aufklärung 2.0 im Jahr 2084.

Soweit würde ich nicht gehen, doch verlangt es von jedem, der an dieser Entwicklung beteiligt ist, sich dieser dritten, moralischen Dimension der Digitalisierung bewusst zu sein. Unternehmensberater sind hier keineswegs ausgeschlossen, eher im Gegenteil. Sie sind Vordenker, Effizienzmaximierer und Innovationsmultiplikatoren. Ihnen kommt somit sehr wohl Verantwortung zu. Es gilt also nicht nur Produktivitätssteigerungen durchzuboxen, sondern auch, abstraktere Auswirkungen zu berücksichtigen. Letztlich ist es weniger hochtrabend als es sich anhört. Ein Versicherungsunternehmen, das eventuell vollautomatisiert handelt, die Algorithmen jedoch seinen Kunden transparent erklärt, wird immer zufriedenere Kunden haben als intransparente Unternehmen, selbst ohne automatisierte Entscheidungen.

In diesem Sinne ?
Ronny

Ronny Kant ist Junior Sales Manager im Bereich Versicherungen und ist nebenbei ein sehr kreativer wie auch innovativer Schreiberling. Er interessiert sich für zukünftige Entwicklungstendenzen der Versicherungsbranche und die daraus resultierenden Herausforderungen für Versicherungsunternehmen. Vielleicht erfreut er uns auch in Zukunft mit weiteren Impulsen.

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