Seit über fünf Jahren tauschen sich Experten aus der Versicherungsbranche im Rahmen des Praxiszirkels „Migration Lebensversicherungsbestände“ zu Testmethodiken, -werkzeugen, -automatisierung und Prototyping regelmäßig zweimal jährlich aus.
Im Interview mit Eduard Ambert, Aktuar der WWK Versicherungen und Gründungsmitglied des Praxiszirkels, erfahren wir, welchen Herausforderungen man sich zu stellen hat und wie derartige große Vorhaben erfolgreich durchgeführt werden können. Das Interview führte Claudia Grüber, Partnerin der PPI AG.
Claudia Grüber: Wie kam es, dass sich verschiedene Versicherer zu einem Praxiszirkel zusammengetan haben, um sich über die Migration von Lebensversicherungsbeständen auszutauschen?
Eduard Ambert: Das ursprüngliche Ziel des Praxiszirkels war es, einen Rahmen zu bieten, in dem man sich über das Thema Test austauschen konnte. Dabei sollten alle Aspekte des Tests zur Sprache kommen können – wie Rechenkern – vs. Bestandstest – aber auch Testmethodik, Testwerkzeuge, Testautomatisierung usw.
Interessant aus meiner Mathematikersicht war die Frage, ob es sinnvoll ist, einen Test- und Referenzrechenkern zu bauen, um einen automatisierten Test des produktiven Rechenkerns sicherstellen zu können. Der Austausch im Rahmen des Praxiszirkels hat gezeigt, dass mehrere Unternehmen diese Frage mit „ja“ beantwortet haben. Das war für mich eine Bestätigung des eingeschlagenen Wegs, der später auch noch durch externe Reviews bzw. durch die Wirtschaftsprüfer bekräftigt wurde. Letztlich zeigt es sich doch immer wieder, dass an einer Stelle, wo Qualität und Zuverlässigkeit eine große Rolle spielen, Automatisierung – auch zu einem höheren Preis – das Mittel der Wahl sein sollte.
Im Laufe der Jahre hat sich der Praxiszirkel stärker in Richtung Migration entwickelt, dadurch bedingt, dass in mehreren Unternehmen Bestandsmigrationen anstanden.
Grüber: Sie haben es als WWK geschafft, Ihren kompletten Lebensversicherungsbestand innerhalb von vier Jahren von Ihrem Altsystem in ein neues System zu migrieren und konnten damit Ihr altes Versicherungskernsystem abschalten. Was waren für diesen Erfolg für Sie die ausschlaggebenden Kernelemente und inwiefern hat Ihnen konkret der Austausch mit den Kollegen aus dem Praxiszirkel dabei geholfen?
Ambert: Unser Migrationsprojekt war getrieben von dem Wunsch/Zwang, unser Altsystem abzuschalten und stand dementsprechend unter großem Zeitdruck. Obwohl es immer wieder Momente gab, wo einige Kollegen nicht mehr an die termingerechte Zielerreichung geglaubt haben, hat das Team es dennoch geschafft, sich immer wieder neu zu motivieren und letztlich das eigentliche Ziel (Ablösung des Altsystems) erreicht.
Der Austausch im Praxiszirkel war sehr hilfreich, z. B. im Hinblick auf die Erfahrungen anderer Unternehmen mit der Aufsicht oder den Wirtschaftsprüfern und auch den komplizierteren Migrationsfällen.
Grüber: Was sind Ihrer Meinung nach die erfolgskritischsten Punkte für eine Lebensversicherungsbestandsmigration?
Ambert: Bei einem so großen Vorhaben wie einer Bestandsmigration spielen viele Faktoren eine Rolle. Essenziell aus meiner Sicht ist, qualifizierte Projektmitarbeiter zu haben. Das gilt sowohl für die operativ tätigen Kollegen, für die Erfahrung und fachliches bzw. technisches Know-how ausschlaggebend sind, als auch für Projektleiter/Teilprojektleiter, für die (auch) Führung und Motivationsfähigkeiten ein Muss sind.
Seitens der übergeordneten Unternehmensführung sollte ein Umfeld geschaffen werden, in dem das Migrationsprojekt mit möglichst wenigen anderen Themen „belastet“ wird, damit man sich stark fokussiert auf die Aufgaben im Rahmen der Migration konzentrieren kann.
Abgerundet wird das Ganze durch eine gute Planung, flankiert von einem laufenden Risikomanagement.
Als Idealvoraussetzung für den Start einer erfolgreichen Migration wäre auch ein funktional fertig ausgebautes Zielsystem zu nennen.
Grüber: Herr Ambert, wir danken Ihnen für dieses Gespräch und sind stolz darauf, Sie als Transformationspartner begleitet haben zu dürfen.
PPI begleitete die erfolgreiche Migration der WWK als Transformationspartner in verschiedenen Projektrollen während des gesamten Vorhabens. Nähere Informationen zu dem Projekt finden Sie hier:
Bei Ihrem Institut steht eine Migration an oder möchten Sie Ihre Erfahrungen teilen? Der nächste Praxiszirkel findet am 22. November 2024 in Frankfurt am Main statt und nimmt gerne neue Teilnehmer in seinen Kreis auf: