Im Teil 1 dieser Blogserie habe ich die Achillesferse in der Schadenregulierung beleuchtet. Heute gehe ich auf Ursachenforschung: 

In der Versicherungsbranche ist die schnelle und effiziente Abwicklung von Schadensfällen entscheidend für die Kundenzufriedenheit und die Wirtschaftlichkeit der Unternehmen. Viele Versicherer haben bereits in eigene Werkstattnetze und in die Automatisierung von Prozessen, wie bei Glasschäden, investiert. Diese Maßnahmen sollen eigentlich die Bearbeitungszeiten verkürzen und die Servicequalität verbessern. Trotz dieser Investitionen kommt es jedoch weiterhin zu erheblichen Rückständen in der Schadenbearbeitung. Woran liegt das? 

Stolpersteine trotz eigener Werkstattnetze

Die Einrichtung von eigenen Werkstattnetzen zielt darauf ab, die Kontrolle über die Qualität und die Kosten der Fahrzeugreparaturen zu verbessern. Doch diese Ansätze haben einige Herausforderungen: 

Es kommt immer wieder zu Kapazitätsengpässen. Besonders in Zeiten hoher Schadensaufkommen, beispielsweise nach Unwettern, stoßen diese Netzwerke oft an ihre Grenzen. Auch wenn die Versicherungen und Werkstätten bei Großschadenereignissen – die jüngsten Hochwasserlagen zeigen das deutlich – spezielle Einsatzpläne aktivieren und ihr Personal bündeln, kann die begrenzte Anzahl an Werkstätten die plötzlich ansteigende Nachfrage nicht bewältigen, was zu Verzögerungen in der Arbeitssteuerung, bei der Reparatur und somit bei der Schadensregulierung führt. 

Außerdem kommt es zu Qualitätsvarianzen, die trotz strenger Qualitätskontrollen in den Leistungen einzelner Werkstätten entstehen können. Dies führt zu Kundenbeschwerden und Nachbearbeitungen, die weitere Verzögerungen und Kosten verursachen. 

Automatisierung von Glasschäden – Nicht immer eine sofortige Lösung 

Die Automatisierung der Schadensbearbeitung, insbesondere bei Glasschäden, ist ein weiterer Bereich, in den viele Versicherer investiert haben. Ziel ist es, die Schäden schneller zu erfassen und zu regulieren. Doch auch hier gibt es Hemmnisse zu überwinden: 

Automatisierungssysteme sind von mehreren, komplexen IT-Systemen abhängig. Oftmals sind die Systeme nicht vollständig mit anderen IT-Systemen der Versicherer integriert. Hinzu kommt, dass die Automatisierungslösungen „in die Jahre“ gekommen sind und somit nicht mehr zu modernen Ansätzen der Prozess-Orchestrierung passen. Die daraus resultierenden Systemunterbrechungen und unzureichende Datenintegration stören eine schnelle Schadenregulierung. 

Außerdem sind automatisierte Systeme hauptsächlich für Standardfälle ausgelegt. Komplexere Schadensfälle erfordern nach wie vor menschliche Expertise, was den Automatisierungsvorteil relativiert. 

Viele Systeme sind nur bedingt darauf ausgelegt, bei plötzlichen Anstiegen von Schadenfällen die Skalierbarkeit zu steigern. Dies führt zu Engpässen und Verzögerungen, wenn es am meisten darauf ankommt.  

Prozess-Störungen durch manuelle Schritte und Organisations-Mix  

Viele Versicherer verlassen sich noch immer auf (teil-)manuelle Prozesse, besonders bei der Erfassung und Prüfung von Schadenmeldungen. Diese Schritte sind zeitintensiv und fehleranfällig und entsprechen nicht den Kundenanforderungen.  

Kommt noch die Mischung aus zentralen und dezentralen Bearbeitungsstellen hinzu, kann es zu Inkonsistenzen in der Bearbeitung und Kommunikation führen, was die Prozesse verzögert und Kunden gleichermaßen enttäuscht. 

Was sind die Stellschrauben, um bei dieser Gemengelage die Schadenbearbeitung wieder auf die richtige Spur zu bringen? 

1) Sicherstellung der Kundenzufriedenheit und -bindung: Langsame oder fehlerhafte Schadenbearbeitung führt zu Unzufriedenheit bei den Versicherten, was letztendlich die Kundenbindung beeinträchtigt. Studien zeigen, dass eine schnelle und faire Schadenregulierung ein Schlüsselfaktor für die Kundentreue ist. 

2) Finanzielle Verluste und operative Ineffizienzen vermeiden: Rückstände in der Schadenbearbeitung führen zu höheren operativen Kosten und können die Combined Ratio negativ beeinflussen, was letztendlich die Profitabilität der Versicherer schmälert. 

3) Compliance-Risiken und Reputationsrisiken mitigieren: Verstöße gegen regulatorische Anforderungen, sei es durch verspätete oder fehlerhafte Bearbeitung, können zu Strafen führen und das Ansehen des Unternehmens schädigen. 

4) Sicherstellung der Datensicherheit und Datenschutz: Die wachsende Menge an digitalen Kundendaten erhöht das Risiko von Datenschutzverletzungen, was insbesondere bei unzureichenden IT-Sicherheitsmaßnahmen kritisch ist. 

5) Umgang mit Schwankungen im Schadenaufkommen meistern: Langfristige Schäden, wie Großschadensereignisse oder erhöhte Schadenmeldungen, wie durch neue Produkte (z. B. Tierkrankenversicherung), erfordern Flexibilität in der Ressourcenbereitstellung seitens des Versicherers. 

Ausblick 

Wir sehen also, dass bestehende Werkstattnetze, Automatisierungs- und Organisations-Initiativen allein nicht (mehr) ausreichen, um Rückstände in der Schadenbearbeitung zu vermeiden. Es bedarf daher einer umfassenden Strategie, die auch Kapazitätsmanagement, Qualitätskontrolle, technische Zuverlässigkeit und vollständige Datenintegration umfasst, um die Herausforderungen in der Schadenbearbeitung zu überwinden. 

In meinem nächsten Blog werde ich praktische, erprobte Lösungen aufzeigen, die die Schaden-Prozesse transformieren und die Wettbewerbsfähigkeit stärken können. Lassen Sie uns diesen Weg gemeinsam gehen und verschaffen Sie sich einen Vorsprung zur Intelligent Process Automation für ihre Schaden-Prozesse. 

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