Abb. 1: klassische Prozessorientierung

Überarbeiten Sie noch DEN einen Prozess oder denken Sie schon kunden- und lösungsorientiert?

Die Welt ist bunt. Oder zumindest ist die Welt in den letzten Jahren wesentlich bunter geworden. In der heutigen Zeit sprechen wir von kundenindividuellen Versicherungsprodukten, Omnichannel Kommunikation und Customer Journeys. Klassische Diskussionen über die Optimierung einzelner Antrags- oder Schadenprozesse stehen immer mehr im Schatten der neuen, schillernden Welt der Digitalisierung. Doch heißt das, dass klassische Themen in der Digitalisierung nicht mehr relevant sind? Aus meiner Sicht nicht, denn ein Großteil der Digitalisierungsthemen in Bezug auf die stärkere Kunden- und Lösungsorientierung basiert auf der Annahme, dass die klassischen Themen einwandfrei umgesetzt sind. Dieses Thema möchte ich nachfolgend kurz anhand eines Lösungsansatzes zeigen.

Lange Zeit stand die Optimierung bis hin zur Industrialisierung von Antrags-, Schaden-, Leistungs- und Änderungsanträgen im Fokus der Versicherer. Neben dem Aspekt der Kostenersparnis durch effektivere und effizientere Prozesse sollten diese Optimierungen insbesondere verbesserte Serviceleistungen gegenüber den Endkunden erzielen. Die Art der Projekte in diesem Umfeld war in den meisten Fällen sehr ähnlich strukturiert. Zunächst wurden innerhalb des Versicherungsunternehmens eine Reihe von Interviews geführt, um zu identifizieren, welche Prozesse die höchsten Kosten verursachen und am einfachsten zu optimieren sind. Sollte z. B. eine Adressänderung in Echtzeit möglich sein, so wurde der Prozess modelliert, analysiert, optimiert und umgesetzt. Heute werden dafür typischer Weise Workflowsysteme verwendet, um die Prozesse zu modellieren und umzusetzen. Am Ende eines Projekts war eine Reihe von kostentreibenden Prozessen mehr oder weniger optimiert. Die Idee war es, dem Kunden nun eine Reihe von optimierten Prozessen anbieten zu können wie in Abbildung 1 dargestellt.

Was hatte der Kunde davon? In den meisten Fällen blieb diese Frage weitgehend unbeantwortet. Die kosteneffiziente Gestaltung der Prozesse wurde aus interner Sicht fokussiert. Der Kunde wurde kaum oder gar nicht einbezogen. Genau dieser Aspekt hat sich geändert!

Es geht heute nicht mehr nur um die reine Optimierung einzelner linear abzubildender Prozesse. Der Fokus liegt vielmehr auf der Sicht und den Bedürfnissen der Kunden. Einem Kunden soll sowohl online als auch beim Makler vor Ort ein transparentes, situationsgerechtes und effizientes Serviceportfolio zur Verfügung stehen. Wenn ein Kunde umgezogen ist, dann muss dem Kunden bereits im Rahmen des Umzugs auf der mobilen Web-Seite die Adressänderung vorgeschlagen werden. Wenn ein Kunde ein neues Auto kaufen oder ein Haus bauen möchte, ist nicht die Adressänderung, sondern sind entsprechende Informationen zu Produktkonditionen oder weiteren situationsnahen Services anzubieten.

Abb. 2: kunden- und lösungsgesteuerte Ereignisorientierung

Der Kunde steht also viel mehr im Fokus als noch vor ein paar Jahren. Aus Kundensicht geht es um ein genau auf ihn zugeschnittenes Serviceportfolio. Die Versicherer stehen damit vor der Herausforderung, sinnvoll auf einzelne Kundeninteraktionen bzw. Ereignisse zu reagieren. Es ist nicht vorhersehbar, unter welchen Umständen und über welchen Kanal sich ein Kunde an seine Versicherung wendet. Damit verlagert sich im Moment die klassische nach innen gerichteten Prozessorientierung hin zur kunden- und lösungsgesteuerten Ereignisorientierung ab wie in Abbildung 2 dargestellt.

Ein Blick auf Abbildung 2 lässt bereits vermuten, dass klassische Prozessorientierungen weiterhin eine wichtige Rolle spielen. Sie sind sogar der Grundstein für die hier postulierte Kunden- und Lösungsorientierung der Versicherer und müssen somit bei jedem Digitalisierungsvorhaben berücksichtigt werden.

Es gilt also: Ja, die Welt ist bunt und sie wird auch immer bunter – ohne einen guten Pinsel und eine gute Leinwand wird allerdings kein Meisterwerk entstehen.

Beste Grüße

Julian

#Digitalisierung #Versicherung #IPA #Prozessautomatisierung #Kundenorientierung #Lösungsorientierung

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

43  +    =  51

Verwandte Artikel