Jeder kennt „das Haus, das verrückt macht“ (à la Asterix & Obelix). Jeder lacht darüber und nickt wissend über die offensichtlich unsinnigen und willkürlichen Formalismen, die wir alle in irgendeiner Form kennen. Ich hatte einen dieser Spießrutenläufe mal wieder, nachdem unsere Tochter geboren wurde und wir das Elterngeld beantragen wollten. Meine Frau schimpfte wie ein Rohrspatz und verlangte lautstark nach digitalen Lösungen und mehr Vernetzung zwischen den Ämtern.
In der Tat erscheint mir das Digitalisierungspotenzial in den Behörden enorm. Und wenn schon die Versicherungsbranche (noch) als Late Follower betrachtet wird, was sind dann unsere Behörden?
Aber darauf möchte ich heute nicht weiter eingehen. Vielmehr entbrannte eine der spannenden Diskussionen zwischen Kunde (meiner Frau) und dem allwissenden Berater und selbsternannten Digitalisierungsexperten (mir selbst). Es ging um die Verwendung eigener Daten und die Bereitschaft diese außerhalb der eigenen vier Wände Dritten zur Verfügung zu stellen. Hier möchte ich exemplarisch mal zwei Standpunkte extrahieren, die nicht zwingend einem der beiden Diskussionsteilnehmer zugeordnet werden müssen (aber durchaus können).

Standpunkt „Ich-hab-nichts-zu-verbergen“
Klassischerweise ein Standpunkt der jüngeren Facebook-Generation. Da wird sich zwar darüber gewundert, wieso denn plötzlich in der Facebook-App so viel Werbung und so viele Angebote für Produkte auftauchen, die man kurz zuvor über Amazon käuflich erworben hat. Aber dabei bleibt es dann auch mit beinahe-kritischem Hinterfragen. Tut ja nicht weh. Und wird der „Zuckerberg“ nicht eh gerade verklagt? Ach ne, nur verhört…angehört…befragt…um Auskunft gebeten?
Dieser Typus würde liebend gern irgendwo den Haken zum freien Austausch von Steuer- und Sozialversicherungsnummer, Steuer-ID und Co. zwischen den Ämtern setzen.

Standpunkt „Als-erstes-mach-ich-den-Chip-im-Perso-kaputt“
Eher die Älteren von uns. Aber nicht ganz alt, denn die wissen vielleicht gar nicht, dass es die Chips im Personalausweis überhaupt gibt. Häufig haben diese Umtriebigen auch noch einen „echten“, weil real existierenden Versicherungsberater, der mit einem dann die 168 Seiten Bedingungswerk der Privaten Krankenversicherung für die neugeborene Tochter durchgeht. Aber ganz digital-less ist diese Spezies wiederum auch nicht. Da wird schon längst die eigene Postdigitalisierungsstrecke nebst rauschendem Serverschrank in der Abstellkammer aufgebaut, nur eben innerhalb der eigenen vier Wände als private Wolke. Komischerweise sind es häufig dieselben, die nach „You are Wanted“ (nette Unterhaltung von und mit Matthias Schweighöfer) zwar noch mal alle Aufkleber auf den integrierten Handy- und Laptop-Kameras kontrollieren, dann aber gleich danach per App die Rollläden zu Hause herunterfahren.

Was ich mit diesen zwei zugegeben etwas stereotypischen und konstruierten Beispielen deutlich machen möchte, ist unsere ureigene Fähigkeit inkonsistenten Handelns. Das soll kein Vorwurf sein. Es ist halt einfach so. Irgendwie bin ich es ja auch. Nur müssen wir uns nicht wundern, wenn dadurch auf der anderen Seite inkonsistente Lösungen entwickelt werden. Und wenn es einem dann zu bunt wird und man selbst nicht mehr durchsteigt. Dann muss ein Gesetz her – wie zum Beispiel die EU-DSGVO (Europäische Datenschutzgrundverordnung). Den Wortlaut muss man erst mal reibungslos über die Lippen bekommen. Über Sinn oder Unsinn dieser regulatorischen Anforderung möchte ich mir hier lieber kein Urteil bilden. Die Aufwände und Komplexität der Umsetzung sind zumindest beeindruckend. Und ob am Ende dadurch dem Verbraucher geholfen ist, bleibt fraglich. Ich kann zumindest nicht mehr mit meinem Makler mal eben über WhatsApp eine Frage klären. Der hat aufgrund der unsicheren Rechtslage diesen Kanal vorerst abgeklemmt. Blöd… für mich als womöglich „digital-less“ und nun wohl wieder Briefe schreibendem „You are Wanted“-Beeindruckten.

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Beste Grüße
Robert Schnittger

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